Wissen für Wirkung
Studentische Beteiligung kann nicht nur zur Aktualisierung der Lehrinhalte und gesteigerten Motivation beitragen, sondern auch Transferziele und Third Mission unterstützen. Eine Lehrveranstaltung der Berliner Hochschule für Technik (BHT) zeigt, wie es geht.
Als sich 2015 aus einer Ringvorlesung zu nachhaltiger Entwicklung heraus die Studierendeninitiative „Rat für Zukunftsweisende Entwicklung“ (RZE) an der Berliner Beuth-Hochschule für Technik gründet, wollen die Studierenden das in ihren vorrangig ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen erlangte Wissen anwenden, um eigene Projekte umzusetzen. Technischer Umweltschutz der Labore und Gebäude, Hochschulprozesse, Campusgestaltung – schnell können die Studierenden überall Wissen und Ideen beisteuern und sind neben ihren fachlichen Anreizen auch „Hochschul-Think-Tank“ für Gremien der akademischen Selbstverwaltung und klassische Hochschulgruppe.
Um auch Studierenden mit Nebenberufen und familiären Verpflichtungen die Möglichkeit zu geben, ihr Wissen disziplinenübergreifend zusammen zu führen und in eigenen Projekten auf die Probe zu stellen, entsteht ab dem Wintersemester 2017/2018 das Projektlabor „Zukunft & Nachhaltigkeit“ (PLZN). In dem im „Studium Generale“, also dem für Studierende aller Studiengänge zu wählenden Soft-Skill-Teil, untergebrachten Kurs erhalten die Biotechnolog*innen, Mechatroniker*innen oder Medieninformatiker*innen zunächst eine Einführung in Nachhaltigkeitstheorien. In Gastvorträgen beleuchten eingeladene Wissenschaftler*innen, Aktivist*innen, Ehemalige und Personen des öffentlichen Lebens ihre Perspektiven auf anthropogene Umweltveränderungen und Technikgestaltung. Anschließend können die Studierenden in selbst gewählten Gruppen eigene Projekte durchführen, die ein zuvor kennengelerntes Problemfeld im lokalen Kontext adressieren (s.a. Modulordnung). Während pro forma zwei Lehrbeauftragte mit entsprechender fachlicher und didaktischer Qualfikation sich die mit 2,5 ECTS bewertete Lehrveranstaltung aufteilen, betreuen freiwillige Studierende des RZE die teilnehmenden Studierendengruppen. Diese haben neben der Durchführung des Projekts ein initiales Konzeptpapier und eine schriftliche Nachbereitung einzureichen. Letztere dient durch Nutzung freier Lizenzen auch dazu, künftige Vorhaben unproblematisch anschließen lassen zu können.
Beispielhaft zu erwähnen sind die Konstruktion und der laufende Verleih eines Gebrauchtteilen gefertigten Lastenfahrrads, das von der Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI) gefördert wurde, die Herstellung von mehreren Tausend Faceshields in einem regionalen Netzwerk aus Fertigungslaboren und offenen Werkstätten im Zuge der COVID-19-Pandemie, sowie zahlreiche Workshops und Veranstaltungen mit Fachbereichen, lokalen Vereinen und Nachbarschaft. Das PLZN ist Teil des Netzwerks Reallabore der Nachhaltigkeit.
Auch wenn mittlerweile viele Curricula über eigene Praxismodule und Projektarbeiten verfügen, zeichnet sich das Projektlabor „Zukunft & Nachhaltigkeit“ durch mehrere Vorzüge aus:
- Zusammenführung verschiedener Studiengänge bei Abruf der individuell erlernten Fachkompetenzen
- Erkennbare Steigerung der Projektmanagement-Kompetenz bei beteiligten Studierenden
- Einbindung ungenutzter Potentiale oder privaten Engagements der Studierenden in die Zielsetzungen der Hochschule
- Erschließung neuer Gründungsaktivitäten und -teams
- Gesteigerte, positive Wahrnehmung der Hochschulaktivität im direkten und z.T. überregionalen Umfeld
Mit seiner auf die Third Mission ausgerichteten Lehrstruktur kommt dem PLZN eine gewisse Sonderstellung zu und es wird interessant zu beobachten sein, ob sich derartige Lehrveranstaltungen nicht anstelle des Soft-Skills-Teils auch im Rahmen fachgebietsübergreifender Lehrveranstaltungen des Kernstudium umsetzen ließen.
Ihnen sind andere partizipative Lehrveranstaltungen bekannt, die eine starke Orientierung an der Third Mission ihrer Hochschule haben? Wo sind Ansätze zur studentischen Lehre bei Ihnen institutionell verankert? Teilen Sie ihre Gedanken mit uns im Kommentarfeld!
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