Partizipation und Online-Klausuren
Bereits seit geraumer Zeit beschäftigen sich diverse Interessensgruppen mit alternativen Prü-fungsformaten. Zwar findet die klassische Klausur immer noch in hoher Anzahl an der Universität statt, jedoch sind die Studierenden auch an Hausarbeiten gewöhnt, die den Vorteil aufzeigen, dass sie zeit- und ortsunabhängig absolviert werden können. Möglich sind zusätzlich sogenannte „Open-Book“-Klausuren, bei denen keine Beaufsichtigung benötigt wird, denn es dürfen sämtliche Hilfsmittel verwendet werden. Durch die im Jahr 2020 auftretende Corona-Pandemie bekam allerdings die Frage nach alternativen Prüfungsformaten eine große Bedeu-tung. Aufgrund der Einschränkungen, die zur Eindämmung des Infektionsgeschehens beschlossen wurden, durften die Studierenden nicht mehr regulär die Universität besuchen. Aus diesem Grund stand die klassische Präsenzklausur in der Schwebe. Einige Klausuren wurden mangels Lösungen verschoben, andere wurden mithilfe von ausgearbeiteten Hygienekonzepten vor Ort vorgenommen. Um jedoch das Ansteckungsrisiko gänzlich zu unterbinden, wurden Alternativen gesucht, zu denen die Studierenden nicht vor Ort sein mussten. In diesem Zusammenhang kommen die Online-Klausuren ins Geschehen. Wie Fernuniversitäten es bereits seit einigen Jahren vorleben, müssen nun auch die restlichen Hochschulen nachziehen. Hieraus resultierend möchte ich in dieser Arbeit folgender Forschungsfrage nachgehen: „Unter welchen Voraussetzungen ist es Studierenden möglich, während beziehungsweise vor Online-Klausuren zu partizipieren?“
Zuerst werden verschiedene Prüfungsformate dargestellt, die von Universitäten angeboten werden können, um eine Präsenzklausur zu umgehen. Ein meist genutztes Format hierfür stellt das Online-Proctoring dar. Ein Überwachungstool, welches im nächsten Kapitel betrachtet wird. In diesem Sinne werden sowohl die Rechte und Pflichten der Dozierenden als auch der Studierenden, die im Zusammenhang mit online durchzuführenden Klausuren bestehen, erläutert. Weiterhin gibt es bestimmte Voraussetzungen, um eine entsprechende Klausur regelkonform durchzuführen, welche in Abschnitt 2.2 dargelegt werden.
2 Online-Lehre
Sowohl in der Präsenz- als auch in der Online-Lehre ist Partizipation seitens der Studierenden wichtig, um eine Vorlesung interaktiv zu gestalten. Mayrberger definiert ein partizipatives Lernen folgendermaßen, dass Lehrende und Lernende den „Lehr-Lernprozess zumindest phasen-weise gemeinsam planen, gestalten und evaluieren, also gemeinsam Verantwortung für das Gelingen von Lernprozessen zu übernehmen“ (Mayrberger 2017, S. 34). Daraus resultiert, dass Dozierende mithilfe von Studierenden die Online-Lehre gemeinsam durchführen sollen, wodurch im Optimalfall eine ausgewogene Lehr-Lernkultur entsteht. Dadurch, dass dies an Universitäten neu ist, gestaltet sich dieser Prozess noch etwas schwierig, weshalb in den folgenden Unterabschnitten näher auf verschiedene Aspekte im Verlauf einer Prüfung in der On-line-Lehre eingegangen wird.
2.1 Online-Proctoring
Zu digitalen Prüfungsformaten wird häufig das sogenannte „Online-Proctoring“ angewandt. Dies ist ein digitales Format zur Beaufsichtigung von Prüfungen, das eine ortsunabhängige Realisierung von sicheren und zuverlässigen Prüfungen ermöglicht. Somit überträgt der Dozierende die Verantwortung der Klausurbeobachtung auf ein digitales Tool, das unter Verwendung von Webcams die Studierende während der Prüfung beobachtet. Bei solchen automatischen Systemen werden allerdings einige persönliche Daten der Prüflinge erhoben, die in Präsenzklausuren nicht benötigt werden. Durch die Aufzeichnung des jeweiligen Studierenden werden Bild- und Videodaten der Person, des Raumes sowie des Arbeitsplatzes gespeichert. In diesem Zusammenhang müssen ebenfalls die Audiodaten der Person sowie der Umgebung übermittelt werden, damit verhindert wird, dass sich der*die Teilnehmer*in während des Prüfungsverlaufs mit einer anderen Person unterhält. Um eine Identifikation der Person durchzuführen, wie sie bei Klausuren an Universitäten üblich ist, benötigen die Prüfungsaufsichten den Personal- sowie Studierendenausweis. Da sich die Beteiligten jedoch nicht in demselben Raum befinden, müssen die Ausweise in die Kamera gehalten werden, weshalb personenbezogene Daten wie unter anderem Name, Matrikelnummer und Geburtsdatum ebenfalls von der Kamera aufgezeichnet und gespeichert werden. Eine Beson-derheit in der Überwachung liegt im Internet-Traffic. Die Software zeichnet sämtlichen Traffic, der vom PC des Prüflings ausgeht, auf. Hierunter fallen zum Beispiel Daten von ver-wendeter Soft- und Hardware oder während der Prüfung geöffnete Websites.
Für solche direkte Überwachung muss jedoch einexplizites Einverständnis der zu überwachenden Person vorliegen. Niemand kann zu einer Aufzeichnung gezwungen werden, da solche Vorgehensweise nicht datenschutzkonform wäre. Aus diesem Grund muss der Dozierende oder die Prüfungsaufsicht im Vorfeld eine ausdrückliche oder schriftliche Einverständniserklärung einholen (vgl. Krüger_1 2020).
2.2 Rechte und Pflichten
Damit Online-Klausuren im Sinne des Datenschutzgesetzes durchgeführt werden können, müssen sowohl Dozierende als auch Studierende Pflichten einhalten und Rechte gewähren, welche im folgenden Abschnitt erläutert werden.
Im Allgemeinen hat jeder Mensch das Recht am eigenen Bild, was sowohl für Foto- als auch Videoaufnahmen gilt. Damit darf jede*r Einzelne für sich entscheiden, was mit seinem Bild geschieht und wie beziehungsweise, ob es verwendet wird. Möchte nun ein Dozierender zur Prüfungskontrolle die Videoaufzeichnungen verwenden, muss also für die Speicherung der Daten ein Einverständnis von der betroffenen Person eingeholt werden. Weiterhin muss auf die vermeintliche Aufzeichnung der Person deutlich hingewiesen werden, damit diese nicht widerrechtlich getätigt wird (vgl. Faller 2015). Diesem Recht gegenüber stehen die Verpflichtungen der Studierenden, sodass eine gewisse Disziplin seitens der Prüflinge gefordert wird. Wenn mit einer Prüfungssoftware gearbeitet wird, ist es wichtig, sich mit dieser im Vorhinein vertraut zu machen. Hierfür stellt der Dozierende einen Termin für einen Test-Durchlauf zur Verfügung, in dem das Programm kennengelernt und Fragen gestellt werden können. Dadurch schafft der Dozierende Transparenz gegenüber dem Prüfling, der ansons-ten nicht wüsste, was auf ihn zukommt. Partizipativ gestaltet der*die Prüfungssteller*in diesen Test-Durchlauf, indem er*sie die Studierende in die Wahl des Programms einbezieht. Hat ein Studierender an diesem Test nicht teilgenommen, so kann es praktisch und auch rechtlich zu Schwierigkeiten führen (vgl. Krüger_1 2020)
Die Prüfer*innen haben jedoch in diesem Prozess den deutlich höheren Aufwand. Zuerst steht ihnen eine Beratung sowie Schulung hinsichtlich der online durchzuführenden Prüfungen zu. Hierin sollen grundlegende IT-Kenntnisse für die Online-Beaufsichtigung sowie über das zu verwendende Programm erworben werden. Dadurch, dass der Dozierende für die Studierenden der Ansprechpartner für etwaige Fragen ist, sollten gewisse Grundfähigkeiten bezüglich der Online-Herausforderung vorliegen. Wie bereits erwähnt, liegt es in der Pflicht des Dozierenden, einen Test-Durchlauf durchzuführen, der für einen erhöhten Arbeitsaufwand sorgt, denn es müssen eventuelle Testfragen- oder aufgaben zusätzlich konzipiert werden. Ferner haben sie dafür zu sorgen, Löschfristen einzuhalten. Personenbezogene Daten dürfen nur zum Zwecke der Klausur gespeichert werden und müssen danach fristge-recht und vollständig gelöscht werden (vgl. ebd.).
2.3 Voraussetzungen
Um an einer Klausur teilnehmen zu können, müssen bereits im Vorfeld Vorkehrungen ge-troffen werden. Eine stabile Internetleistung sowie der Zugang zu funktionsfähigen Geräten mit einer Kamera stellt eine Voraussetzung für den Einsatz von Online-Proctoring dar. Hat ein Studierender keinen Zugang zu eben genannten Kriterien, ist es seine Pflicht sich zusammen mit dem Dozierenden um Leihgeräte, einen anderen Arbeitsort oder eine Alternativprüfung zu kümmern. Zu der digitalen Ausstattung zählt zusätzlich die generelle Arbeitsplatzgestaltung, die sich hinsichtlich eines Schreibtisches und eines ruhigen Ortes ausgestaltet. Wohnt der Studierende in einer WG oder mit seiner Familie zusammen, kann es sein, dass es zu Störungen aufgrund von Geräuschen oder Gesprächen kommt, womit die Konzentration des Prüflings gestört sein könnte (vgl. ebd.). Ein weiterer Punkt ist die Sicherheit und Zuverlässigkeit des zu verwendenden Programmes, wobei wieder der Test-Durchlauf eine entscheidende Rolle spielt. Hierbei verschaffen sich beide Parteien einen Überblick über die Funktionsweise und -tüchtigkeit des Beaufsichtigungsprogrammes oder der Prüfungssoft-ware. Voraussetzung dafür ist eine ordentliche Planung, die optimalerweise in Zusammenarbeit zwischen Prüfer*in und Prüfling stattfindet (vgl. Krüger_2 2020).
2.4 Aushandlungsprozess
Um einigen Problemen, die hier bereits genannt wurden, aus dem Weg zu gehen, hilft ein sogenannter „Aushandlungsprozess“ zwischen Studierenden und Dozierenden. Der Fokus liegt in diesem Fall beispielsweise auf dem Datenschutz während einer Prüfungsleistung, da dieser aufgrund der online durchzuführenden Veranstaltungen immer wieder zu Streitigkei-ten führt. Der Prozess bezieht drei Teilschritte ein. Im ersten Schritt steht der offene Prozess an, welcher das Produkt, in diesem Fall die Klausur, an die Bedürfnisse der Teilnehmer*in-nen anpasst. Dadurch bezieht der Dozierende nicht nur seine eigenen Wünsche, sondern auch die der Prüflinge mit ein. In der zweiten Phase bezieht der*die Prüfungsgestalter*in den Lebensrhythmus der Studierenden in die Planung ein, sodass die Entwicklung im Kon-text umgesetzt werden kann. Der letzte Schritt umfasst eine Integration der Studierenden. Hierbei soll in gemeinschaftlicher Aktivität der Rhythmus in die Planung fortlaufend inte-griert werden, wobei eine optimale Partizipation in der Klausurvorbereitung entsteht (vgl. user-participation 2020).
3 Handlungsempfehlung
Wie in Kapitel 2.4 bereits besprochen gibt es Möglichkeiten, etwaige Komplikationen aus der Welt zu schaffen. Vor allem der offene Umgang seitens beider Parteien steht hier im Fokus. Viele Fragen bezüglich des Datenschutzes, der Umsetzung oder der Ausgestaltung von Online-Klausuren können in einem Gespräch geklärt werden. Weiterhin besteht die Möglichkeit, bei Unklarheiten den jeweiligen AStA in die Problemlösung einzubeziehen. Der AStA ist die stu-dentische Vertretung und weiß deshalb über neue Regelungen oder Gesetze Bescheid und kann bei etwaigen Verstößen dabei helfen, das Recht der Studierenden durchzusetzen. Dies unter-stützend wird den Studierenden die jeweils aktuelle Rahmenprüfungsordnung zur Verfügung 6
gestellt, in der jegliche Änderungen niedergeschrieben sind. Um dementsprechend bereits im Vorfeld einen Eindruck über die anstehende Online-Klausur zu bekommen, sollten sich Studierende informieren und in Verbindung mit dem Dozierenden Fragen klären.
Aus meiner Sicht kann ich empfehlen, sich an den AStA zu wenden. Da nahezu jede*r heutzu-tage auf Social-Media-Kanälen unterwegs ist, kann man sich dort die neusten News ansehen und ist stets informiert. Der AStA ist aus meiner Sicht ebenfalls sehr darum bemüht, Informa-tionen möglichst transparent zu gestalten, um die Studierende an Veränderungen teilhaben zu lassen. Ansonsten ist das Thema Online-Klausuren recht unübersichtlich, da jeder Dozierende die Informationsvermittlung anders gestaltet und Studierende oft nicht teilhaben können. Ich habe es bisher nur einmal erlebt, dass den Prüflingen bereits im Vorfeld die Wahl gelassen wurde, aufgrund des Datenschutzes oder fehlender technischer Geräte, eine Präsenzklausur zu bevorzugen.
4 Fazit
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass einige Voraussetzungen geschaffen werden müssen, um Online-Klausuren an Hochschulen erfolgreich durchzuführen. Gehen Lehrende und Lernende diesen Weg jedoch gemeinsam, ist dies gut zu schaffen. Wichtig ist hierbei das Einhalten der Regelungen und Gesetzte, vor allem im Hinblick auf den Datenschutz, der an dieser Stelle eine große Rolle spielt. Lässt man eine Partizipation der Lernenden zu, gestaltet sich dieser Prozess für beide Parteien einfacher, da es weniger Unklarheiten gibt. Nach dem Stufenmodell von Mayrberger bedeutet dies Mitwirkung, Mitbestimmung und Selbstbestimmung. Hierbei entscheidet der Dozierende, inwieweit er*sie die Prüflinge in den Gestaltungsprozess einbezieht. In diesem Sinne werden den Prüflingen eine Einflussnahme auf die Gestaltung beziehungsweise Umsetzung der Klausuren geboten, sodass eigene konstruktive Vorschläge einbezogen werden können. Dadurch können im Vorhinein etwaige Probleme wie mangelnde technische Geräte oder eine instabile Internetleitung geklärt und von der Lehrperson unterstützend gelöst werden (vgl. Griesehop/Bauer 2017, S. 117). Hierbei steht jedoch die Bereitschaft der Dozierenden zur Partizipation der Lernenden im Vordergrund. Wenn jene nicht bereit dazu sind, Studierende im Prozess teilzuhaben beziehungsweise zu unterstützen, kann keine oder lediglich eine teilweise partizipative Lehre stattfinden. 7
Literaturverzeichnis
- • Faller, M. (2015): Rechtsfragen zu digitalen Lehrformaten. Arbeitspapier Nr. 7. Berlin: Hochschulforum Digitalisierung.
- • Griesehop, H. R., & Bauer, E. (2017): Lehren und Lernen online. Springer VS
- • Krüger_1, G. (2020): Beaufsichtigung von digitalen Prüfungsformaten (Online-Procto-ring) – Teil 1 des Interviews mit Matthias Baume. in Hochschulforum Digitalisierung. [online]: https://hochschulforumdigitalisierung.de/de/blog/online-proctoring. [letzter Zu-griff: 25.02.2021]
- • Krüger_2, G. (2020): Anwendungsmöglichkeiten von Online-Proctoring – Teil 2 des In-terviews mit Matthias Baume. In Hochschulforum Digitalisierung. [online]: https://hoch-schulforumdigitalisierung.de/de/blog/online-proctoring-interview-zu-anwen-dungsm%C3%B6glichkeiten. [letzter Zugriff: 25.02.2021]
- • user-participation (2020): Partizipationsprozess. [online]: https://www.user-participa-
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